Nach zwei Tagen beim 11. Kolloquium ‚Gemeinsame Forschung in der Klebtechnik‘ glühen mir immer noch die Ohren und der Kopf raucht. Von 8.30 in der Früh bis Abends um 19.00 Fachvorträge und Studien im Halbstunden-Takt auf höchstem Niveau und neustem Stand der Technik haben Spuren hinterlassen. Aber auch ein Gefühl in den letzten 10 Jahren in einer Branche zu arbeiten, die wahnsinnige Fortschritte und Entwicklungen macht, stellte sich ein. Am Beginn waren z.B. Autos bauen mit Klebstoffen laut Hersteller nicht möglich – heute hingegen kommt aus den selben Mündern Autos bauen ohne Klebstoffe ist nicht möglich.
Ich möchte Sie heute an einigen Erkenntnissen teilhaben lassen und fange mit den Einschränkungen des Klebens (ist kürzer als die Vorteile) an. Über den Blog-Bericht Vorteile des Klebens mache ich mir übers restliche Wochenende Gedanken.
Klebungen sind anspruchsvoll !
Klebeverbindungen erfordern für eine gute Klebung eine saubere, fettfreie, trockene und wohl temperierte Umgebung. Der Klebstoff und die Oberflächen inklusive aller Reinigungen und Vorbehandlungen sind auf die Werkstoffe und aufeinander abgestimmt . Zug-, Scher-, Druck-, Temperatur- und Medien-Beanspruchungen müssen bekannt sein. Eine dauerhafte statische Belastung kann bei einigen Klebstoffen (analog zu Kunststoffen) zum Kriechen bzw. langsamen Lösen der Verbindung führen.
Einige Klebstoffe und viele Hilfsstoffe (z.B. Reinigungsmittel, Haftvermittler u.a.) sind auch heute noch Gefahrstoffe, meistens auf Lösemittelbasis. Hier ist auf eine vorsichtige Handhabung zu achten und die Kleber (Mitarbeiter) sind entsprechend zu unterweisen.
Klebstoffe sind temperaturabhängig!
Verklebungen haben ein Temperaturfenster und sind temperaturbegrenzt. Sie verspröden bei tiefen Temperaturen und erweichen bei hohen Temperaturen bis sie endgültig schmelzen. Der dazugehörige Fachbegriff für dieses Fenster nennt sich Glasübergangspunkt. Diesen findet man häufig im Datenblatt oder in der Fachliteratur. Das Temperatur-Einsatzgebiet hat sich auf Grund neuer Klebstoffe aber massiv vergrößert. Heute sind auch Temperaturen unter – 30°C oder über 120°C problemlos möglich.
Klebstoffe altern!
Alle Klebstoffe auf organischer Basis (sind die Mehrzahl) unterliegen einer Alterung, welche die Dauer der Verklebung einschränkt. Zusätzliche Belastungen, ob auf mechanischer (statisch und dynamisch), chemischer (Feuchtigkeit, Lösungsmittel, Reinigungsmittel, Salze, Ozon,u.a.), physikalischer (Wärme, UV- Strahlung) und biologischer Art (Schimmelpilze) verkürzen den Lebenszyklus.
Klebstoffe bzw. Verklebungen sind nicht rechenbar und schlecht prüfbar!
Fehlende Prüfverfahren, die ohne Produktzerstörung auskommen und die fehlenden mathematische Grundlagen behinderten den Einsatz vielen Industrien.
Eine bestehende Klebverbindung auf Festigkeit oder Verformbarkeit zerstörungsfrei zu prüfen ist in der Praxis schwer möglich. Diese Eigenschaften sind nur durch zerstörende Prüfverfahren an Proben möglich , die unter gleichen Bedingungen hergestellt wurden.
Berechnung von Klebeverbindungen ist heute schon in vielen Fällen möglich. Noch immer begeistern mich die Beispiele aus dem Workshop mit Prof. Schlimmer (Baunatal). Die effiziente Berechnung des mechanischen Verhaltens und des Versagens von Klebever- bindungen kommt der Realität heute schon sehr nahe. Die Toleranzen liegen deutlich unterhalb der 10% Marke. Der Workshop fand vor einigen Jahren vor einer handvoll Teilnehmer statt. Dieser Tage waren schätzungsweise 150 Personen anwesend, die selbst auf Treppen und in den Gängen saßen.
Wie Sie sehen werden die Einschränkungen beim Kleben immer kleiner und die Aufgaben immer größer! Wann fangen Sie an sich mit der innovativsten Fügetechnik zu beschäftigen?